Mariannengraben – Maria Muhar ** Ein Kabarett am Tiefpunkt von Österreich

Die preisgekrönte Kabarettistin Maria Muhar liefert ein entlarvendes zweites Programm zu Klima-, Wirtschafts- und anderen Krisen ab.

Wenn schon das Debüt mit einem Preis ausgezeichnet wird, dann ist natürlich die Erwartung groß, wenn die Künstlerin ein zweites Kabarettprogramm nachlegt. Maria Muhar, die 2023 für „Storno“ den Förderpreis des Österreichischen Kabarettpreises bekommen hat, erfüllt die Erwartungen. Obwohl oder gerade weil sie mit ihrem zweiten Stück am Tiefpunkt angelangt ist – genauer gesagt: am tiefsten Punkt Österreichs, in „Mariannengraben“. Es ist ein zweideutiger Titel, den sie ihrem neuen Programm verpasst hat. Der echte Marianengraben (mit nur einem n) mit rund 11.000 Metern ist nämlich tatsächlich der tiefste Punkt unserer Erde, die gerade selbst auf einen Tiefpunkt zusteuert.

Eine Sintflut am tiefsten Punkt Österreichs

Hier tun sich Parallelen zur Handlung von „Mariannengraben“ auf. Denn während die Menschheit gerade fest daran arbeitet, weite Teile des Planeten für weite Teile seiner Bevölkerung unbewohnbar zu machen, erlebt Maria Muhars Bühnenfigur ebenfalls eine Art Weltuntergang. Gefangen in einem Kaff irgendwo im Nirgendwo, spürt sie hautnah die Folgen der Klimakrise. Das Ganze eingebettet in ein Kammerspiel, bei dem die Kabarettistin das Pferd von hinten aufzäumt. Sie beginnt ihr Stück nämlich mit der Zugabe nach einem Auftritt in der fiktiven „Kulturtankstelle Mariannengraben“, wo sie in einer Art Schicksalsgemeinschaft landet. Diese besteht aus der Bühnenbetreiberin, einem eingeschlafenen Gast, der sich als gescheiterter Familienvater entpuppt, und ihr selbst.

Am Handy mit dabei ist ihr Manager – und allein das Läuten des Mobiltelefons offenbart Maria Muhars ausgefeilten Humor. Wenn nämlich das Intro von „Unter dem Meer“ reinklingelt, kann man sich aussuchen, ob die Assoziation jetzt dem zitierten Marianengraben im Pazifik gilt oder dem sintflutartigen Unwetter, das über Mariannengraben hereinbricht.

Maria Muhar zwischen Klima- und Weltuntergang. (c) Apollonia Theresa Bitzan

Klimaschutz und Wirtschaftspolitik 

Nach einem anfänglichen Geplänkel, in dem sie zunächst eher lockerleichte Pointen über Frühstücksbuffets, anstrengende One-Night-Stands und fragwürdige Profile in Dating-Apps serviert, geht es ans Eingemachte. Da zieht Maria Muhar über mangelhaften Klimaschutz und verfehlte Wirtschaftspolitik her. Sie stellt Kommunismus und Kapitalismus einander gegenüber. Sie lässt Großstadtkind und Landei aufeinanderprallen. Und sie beleuchtet Landflucht und Dorfsterben. 

All das im Lichte der Klimakrise, die gerade das Thema der COP30 in Brasilien ist. Die Künstlerin schlüpft für ihr präzise ausgearbeitetes Kammerspiel in verschiedenste Rollen, in denen sie mit sich selbst interagiert und setzt bei Bedarf auch Audio-Einspieler ein. So entwirft sie eine entlarvende Szenerie, in der es eigentlich wenig zu lachen gibt. Und wenn, dann ist es ein wissendes Lachen, weil Maria Muhar den Finger zielgenau in offene gesellschaftliche Wunden sticht

Übrigens: Der tatsächlich tiefste Punkt Österreichs liegt in der burgenländischen Gemeinde Apetlon im Seewinkel, derzeit noch 114 Meter über dem Meeresspiegel – in nicht allzu ferner Zukunft könnten es nur noch 113 Meter sein. Außer bei der COP30 geschieht doch noch ein Wunder.

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