Mit ihrem Debütroman „Männer töten“ schaffte Eva Reisinger es auf die Shortlist des Österreichischen Debütpreises 2023. Ganz anders, als der Titel es andeutet, morden in diesem Buch ausnahmsweise keine Männer.
Engelhartskirchen klingt wie der wahr gewordene Traum vieler Frauen. Eine Dorfgemeinschaft, die jedes übergriffige Verhalten sofort stoppt und Frauen, die sich in jeder Lebenslage unterstützen. Für das ländliche Örtchen in Oberösterreich hat Eva Reisinger ein Matriarchat erschaffen. Die dort agierenden Frauen zeichnen sich insbesondere durch Zusammenhalt aus, den Männern kommt eine angenehme Nebenrolle zu – zumindest jenen, die sich “zu benehmen” wissen.
Als die Protagonistin Anna Maria wegen einer beginnenden Liebe von Berlin nach Engelhartskirchen zieht, stellt sie schnell fest, dass der Ort anders ist, als der Rest Österreichs. Dort lässt es sich gut leben. Vorausgesetzt, man ist weder Sexist noch Gewalttäter. Die Konsequenzen dafür lassen allerdings nicht lange auf sich warten und sind stets unerbittlich. Und schnell wird klar: Die Liste der verschwundenen Männer wächst stetig – und betrifft keine Frau.

Mit Leichtigkeit gesteht Reisinger in ihrem Roman misshandelten Frauen Gedanken an Rache zu. In verständlicher Sprache,mit viel Witz und Intensität, legt sie die Schwere und Dringlichkeit einer Thematik offen, über die zu wenig ernsthaft gesprochen wird. Sie hält der Gesellschaft den Spiegel vor, lotet Grenzen aus. Reisinger verbleibt bei den Schilderungen der Handlungen in der Realität, wie sie unzählige Frauen tagtäglich erleben. Sie scheut sich nicht, explizite Beschreibungen brutaler Tötungsdelikte und psychischer sowie physischer Sexualgewaltverbrechen darzulegen. Sie zeigt ein Bild, das so grotesk und unglaublich scheint, dass Lesende an einer Frage nicht vorbeikommen: „Wieso macht eigentlich niemand etwas gegen dieses Morden?“
Eva Reisinger, „Männer töten“. € 24,50 / 288 Seiten. Leykam, Wien 2023


