Die Kunst des Behaltens – Stich für Stich zur Nachhaltigkeit ** Re:pair Festival 2025

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Ein Loch im Pullover? Früher ein Ärgernis, heute eine Einladung zur Kreativität. Beim Re:pair Festival Wien wird jeder Riss zur Chance – und jeder Stich zum kleinen Statement gegen die Wegwerfgesellschaft.

Das Repair Festival Wien setzt ein klares Zeichen gegen die Wegwerfgesellschaft und lädt dazu ein, das Reparieren neu zu entdecken. Egal, ob bei Textilien, Möbeln oder Alltagsgegenständen. Seit vier Jahren findet das Festival jedes Jahr im Herbst statt, heuer von 13. bis 31. Oktober 2025. Die Festivalzentrale befindet sich im Atelier Augarten, zusätzlich gibt es zahlreiche Veranstaltungen an verschiedenen Standorten in ganz Wien. Auf dem Programm stehen Workshops für Schulen und Lehrende, Ausstellungen, Kleidertausch-Partys und Vorträge – alles rund um die Frage, wie wir nachhaltiger mit unseren Dingen umgehen können. 

Reparieren statt Wegwerfen: Ein Festival als Statement 

Etwa 75.000 Tonnen Textilien wandern jedes Jahr in Österreich in den Restmüll. Pro Person sind das im Schnitt 35 Kleidungsstücke, die einfach entsorgt werden.* 

Was kann man dagegen tun? Löcher stopfen. 

Beim Repair Festival Wien wird im Workshop „Filzen und Flicken” unter der Leitung von Elisabeth Drucker gefilzt, geflickt, gestopft und gestichelt, was das Herz (und das kaputte Kleidungsstück) hergibt. Wenn ich gewusst hätte, wie sich ein kaputtes Kleidungsstück in nur kürzester Zeit flicken oder sogar richtig aufwerten lässt, hätte ich in den letzten Jahren schon einige Rettungsaktionen gestartet. Es ist erstaunlich, wie ein Stück Filz, ein bisschen Stoff und ein paar gezielte Stiche einem alten Lieblingsteil völlig neues Leben schenken können. Plötzlich wird aus einem vermeintlichen Rest ein individuelles Einzelstück.

Alles, was man braucht, ist  ein Schaumkissen, eine Wollfilz-Nadel und ein Stück Stoff – in meinem Fall ein gepunkteter Pullover mit zwei Mottenlöchern.

Wo aus Löchern Kunst entsteht

Mit hoher Konzentration stachen wir im Sekundentakt in die Schaumkissen. Während einige – so wie ich – ihre Löcher Ton in Ton flickten, wurden andere kreativ und ließen sich vom Material leiten: Es entstanden bunte Muster, kleine Kois, die über die Wolle zu schwimmen schienen oder leuchtende Orangen, die ein weißes Langarmshirt wieder zum strahlen brachten. Eine Teilnehmerin meinte, sie habe nun ein viel besseres Gespür dafür, wie Filz und Nadel zusammenspielen. 

„Filz folgt seiner ganz eigenen Logik.“ 

Für das Filzen mit Nadel braucht man die richtigen Nadeln, Wolle, ein Schaumkissen – und einen Stoff, der geflickt werden soll.

Die Runde war so bunt wie die Filzwolle selbst. Einige Teilnehmende brachten bereits Erfahrung im Flicken mit, andere begegneten der Filznadel mit einer Mischung aus Neugier und Respekt. Neben mir saß eine Volksschullehrerin, die gekommen war, um die Technik kennenzulernen und sie später mit ihrer Klasse auszuprobieren. Es gab auch einige selbsternannte Repair-Freaks – jene Menschen, die nichts wegwerfen, was auch nur einen kleinen Riss hat. Im Gegenteil: Sie freuen sich fast über jedes Loch, weil es eine neue Gelegenheit zum Flicken bietet.

Mit Nadel und Herz – Vom Handwerk zur Haltung

Für Elisabeth Drucker ist das Re:pair Festival weit mehr als eine Sammlung kreativer Reparatur-Workshops. Sie versteht es als Impuls für ein Umdenken in unserer Konsumkultur. Reparieren bedeutet für sie nicht nur, Dinge länger nutzbar zu machen, sondern auch, den Wert von Material, Handwerk und Zeit neu zu entdecken. Ein Schritt hin zu mehr Achtsamkeit – und ganz nebenbei auch zu einer klimafreundlichen Welt.

*(Quelle: GLOBAL 2000, „Alte Textilien“, o. D. Online unter: https://www.global2000.at/alte-textilien)

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