„Von den guten Dingen im Leben bekommst du wenig.“ Umso schöner, wenn mit House of Words gleich 20 großartige Minidramen an einem Abend genossen werden können. Das muss gefeiert werden – und 20 Jahre Wiener Wortstätten gleich mit.
Ein großer Tisch mit Sektpyramide, Kuchen und Geschenken: alles da. Das Bühnenbild bleibt gleich, nur die Anlässe wechseln. Von großen Umbrüchen wie einer Geburt oder dem Sturz des iranischen Regimes bis zur wöchentlichen Feier über eine neue Tatort-Folge (sorry, „blutige Täter“-Folge, wie die Serie im Stück heißt). Sogar die tägliche Ekstase eines Hundes über die heiß ersehnte Rückkehr des Herrchens ist Anlass genug. Zelebriert werden „gelungene Feiern und jene, die nichts wurden“, wie es im Stück heißt.
Es gibt immer was zu feiern
Alles, was gefeiert werden kann, wird gefeiert. Und das nicht zu knapp. Die verschiedenen Geschichten fließen ineinander und überlagern sich gegenseitig. Manche Charaktere begegnen dem Publikum mehrmals, manche gewähren nur einen kurzen Einblick in ihre Festlichkeiten, bevor sie die Tür wieder schließen und der Abend sich weiterdreht.
Eine Tür, die besonders hervorgehoben werden muss, ist die ins Foyer/zur Bar. Durch die schallert nämlich immer wieder kurz Musik, wenn Schauspieler*innen den Raum betreten, und man sich unweigerlich fragt, was da draußen parallel gefeiert wird. Das erzeugt echte Partystimmung, oder zumindest Nebenraum-von-der-Party-Stimmung.

Die Bühne wird von einem großen Tisch mit langem weißen Tischtuch dominiert, hinter dem eine prunkvoll verzierte Stiege aufragt (die Fatty-George-Treppe ist übrigens im Theater am Werk Petersplatz fix verbaut und kann bei jeder Aufführung im großen Saal bestaunt werden). Am Ende wird von der Stiege aus auch der “Theatergott-Preis” verliehen und geht wohlverdient an die Wiener Wortstätten
Mit “House of Words” gelang die Verarbeitung von 20 Stücken in eine nur 100-minütige Collage. Rein rechnerisch wären das nur fünf Minuten pro Stück, in denen das Publikum abgeholt, durch die Szene geführt und auch wieder entlassen werden muss. Das so oft zu bewältigen, ist eine echte Meisterleistung. Thematisch sehr breit gefächert und in ihrer Form ebenso vielfältig, begegnen einem im Laufe des Abends Diskussionen, Monologe und Songs.
Wer steckt dahinter
Als ebenso klar gelungen kann man auch die Arbeit der Wiener Wortstätten beschreiben. Seit 20 Jahren fördern diese nämlich Theaterautor*innen und beschreiben sich selbst als „Vermittler zwischen Autor*innen und dem Theaterbetrieb“. Das machen sie zum Beispiel durch die Verleihung des exil-Dramatiker*innenpreises, der dieses Jahr an Yade Yasemin Önder ging. 2017 ging der Preis an Amir Gudarzi, von dem übrigens auch eines der 20 Minidramen stammt.
Seit 2022 gibt es auch das Drama Lab, bei dem Stückentwürfe eingereicht werden können und schlussendlich zu vollständigen Theaterstücken gemacht werden, wenn sie von der Jury ausgewählt wurden. Auch dieses Jahr gab es vier Autor*innen, deren Stücke aufgeführt wurden, die es jetzt auch in gedruckter Fassung zu kaufen gibt. Mit nur drei Aufführungen war “House of Words” so gesehen ein kurzes Geburtstagsgeschenk aus Auftragsstücken zur Feier des Jahres. Doch kein Grund für FOMO: Man darf sich sicherlich auf die Drama-Lab-Inszenierungen des nächsten Jahres freuen.



