Kiki Beach – Verena Stauffer ** Mit Liebesgedichten die eigene Kinky Bitch erkunden

Mit dem Lyrikband „Kiki Beach“ steht Verena Stauffer auf der Longlist des Österreichischen Buchpreises. Die darin enthaltenen Liebesgedichte verhandeln die Liebe auf außergewöhnliche und moderne Weise, lassen den Gedanken dabei allerdings viel Spielraum.

Worte betreten die Bühne / Die Leserschaft ist aufgeregt

In sieben Kapiteln pendelt Stauffer zwischen der realen und der digitalen Welt, vermischt Deutsch mit Englisch und Mythologie mit Alltagszufälligkeiten. So etwa in den Gedichten Randy Rabbit oder GOAT Talks. Sie mutet der Liebe keinen Kitsch zu und legt in ihre vier- bis fünfzeiligen Strophen dennoch so viel Gefühl, dass man nicht umhin kommt zu sagen: Genauso ist es.

Unerwartet roh

Stauffer vertieft sich im Kapitel Kinky Bitch in die Lust, schreibt über Milch und Brüste, Verlangen und Kinks. Sie zeigt die Liebe in Zeiten des Online-Datings und wird dabei träumerisch, vergisst nicht auf das Begehren und die gegenseitige Hingabe. 

So ganz schlau wird man aus diesen Gedichten dennoch nicht. Gut, das ist auch nicht der Anspruch, den Lyrik an sich oder gar die Liebe im Generellen stellt. Vielmehr geht es um das Fühlen, die Emotionen, die geweckt werden, wenn man Verse wie die folgenden liest:

Wo kein Meer, schwappt die Luft in Wellen / Wo keine Wellen, wehen Ruten der Weiden / Wo keine Weide, wirbeln Haare wie Gräser / Wo keine Gräser, sind es Körper / Die wie Wasser kreiseln

Und das gelingt Stauffer hervorragend. Zeitgleich beschränken sich  ihre Liebesgedichte nicht klar auf das gesellschaftlich verankerte Bild der monogamen Liebesbeziehung. Durch ihre niedergeschriebene Bewunderung für  Dichter*innen wie Dylan Thomas, Yi Lei, Bianca Stone und Walt Whitman sind sie außerdem vielschichtig und allumfassend.

Kiki Beach – Verena Stauffer (c) Kooks Books, detailsinn.at

Die Liebe liegt im Detail

Eine tote Ziege, Händels Oper „Xerxes“, der Duft frischer Bauernkrapfen mit Zucker. Die Liebe liegt hier überall im Detail. Das zeigt auch der klare und scharfe Blick, mit dem Stauffer eine neue Dimension des Hinsehens eröffnet. Ihr Blick ist weit und grenzüberschreitend. Er zeigt, dass es Liebe für die kleinen und großen Dinge des Lebens gibt. 

Glücklicherweise geschieht dies nicht über hochtrabende Reime. Nur selten finden sich überhaupt Reime. 

Nur diese Augen suchen, finden, schauen / Nur dieses neue Universum bauen oder Werde die am Horizont sich senkende Sonne, yo / Das Becken, in dem das Meer schwimmt, Bro

Zeilen wie diese zeigen beispielhaft, wie willkürlich sie wirken. Im Gesamtbild des jeweiligen Gedichts aber sind sie perfekt platziert. Sie nehmen dem großen Thema Liebe die erwartungsvolle und Kitsch-befürchtende Aufladung. Alles in allem ein sowohl sprachlich als auch layouttechnisch schöner Lyrikband, der lange nachhallt. Hinsetzen, lesen und wirken lassen. Die Liebe folgt schließlich auch keiner offensichtlichen Logik.

Verena Stauffer, „Kiki Beach“. € 24,- / 72 Seiten. kookbooks, Berlin 2025.

Schau hier her → Look here → Buraya bak → Pogledaj ovde → Nézd ide → Guarda qui → انظر هنا → Podívej se sem → Spójrz tutaj → Посмотри сюда → Виж тук → Nhìn đây →

knisternde Beiträge:

"Kultur ist nachhaltig" vegan" lit oida" glutenfrei" neurodivergent" neutral" kulturell" nonbinär" geil" Hafermilch?" chaotisch" richtig" bunt" verständnisvoll" multi" direkt" ...FÜR ALLE"