Hosea Ratschiller erzählt in „Happy Place” vom Elternsein, vom Kapitalismus und von der Kunst, das Mittelmaß zu feiern.
Hosea Ratschiller ist ein mittelmäßiger Typ. Kein Superstar, aber auch kein Underdog. Einfach Mittelmaß. Und das ist eigentlich gut so. Weil: Mittelmaß ist nicht nix. „Zur Mittelstation ist es ja auch schon weit“, stellt der Kabarettist recht früh in seinem neuen Soloprogramm „Happy Place“ fest. Und wer will schon bis ganz hinauf laufen, wenn man in der Hütte bei der Mittelstation was Warmes zu essen bekommt? Wo es doch auf dem Gipfel meist gar keine Hütte gibt?
Papa weiß (nicht) alles
Womit wir bei Hoseas Wirtschaftskompetenz gelandet sind. Die beschränkt sich nämlich auf Gasthäuser. Im Gegensatz zu seinen Kindern, die jetzt schon mehr Ahnung davon haben als er, wie unsere kapitalistische Wirtschaft funktioniert. Seine älteste Tochter hätte wahrscheinlich auch ein paar Ideen, was sie mit einer Milliarde Euro machen könnte. Dem Vater hingegen fehlt dafür die Vorstellungskraft. Die reicht nur für acht Millionen.
Und so kann Hosea gar nicht anders, als seinen Nachwuchs zu bewundern. Auch wenn die drei Kinder wahrscheinlich höchstens 24 Stunden ohne ihn überleben würden und Chaos vorprogrammiert ist, wenn er mit ihnen in den Supermarkt geht. Aber da steht er drüber. Weil: Er ist nicht nur Hosea, er ist auch Papa. Und der Papa sieht alles, weiß alles, kann alles – glaubt zumindest der Papa, dem die Kids oft genug überlegen sind.

Elternwelt und Kapitalismuskritik
Vordergründig geht es in „Happy Place“ um Eltern und ihre Kinder. Hintergründig arbeitet sich Hosea an unserer kapitalistischen Gesellschaft und ihren Auswüchsen ab, die sich zum Beispiel beim Besuch im Billa und bei der Bescherung unterm Christbaum zeigen. Wie unter einem Brennglas beleuchtet er in diesen Szenen das große Thema.
Das Faszinierende dabei sind Hoseas Auftreten und der Aufbau seines Bühnenprogramms. Er sucht nicht die schnelle Pointe, im Grunde sucht er die Pointe überhaupt nicht – sie findet ihn. Mit ruhiger Stimme erzählt er von seinem Leben, das über Finanzamt und Sozialversicherung mit dem seines Publikums verbunden ist. Wer hätte das gedacht? Einmal mehr überrascht der Kabarettist mit treffsicheren Analysen. Wenn Hosea feststellt, dass bei ihm alles Mittelmaß ist, dann trifft das auf eine Sache sicher nicht zu: seinen Humor. Da führt er nämlich eine feine Klinge, die scharf ist wie ein Skalpell.
Hosea Ratschiller (geboren 1981 in Klagenfurt), hat in Wien ein Studium der Geschichte, Philosophie und Theaterwissenschaft abgebrochen. Seit 25 Jahren ist er beim Jugendsender FM4 engagiert, seit gut 15 Jahren auch bei Ö1. Im ORF präsentiert er die Kabarett-Nachwuchssendung „Pratersterne“. „Happy Place“ ist sein neuntes Soloprogramm.