Sind Penisse real? – Evan Tepest ** Persönlich, politisch, wichtig

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Evan Tepest sieht sich mit seinem Essay „Sind Penisse real?“ das Mysterium Penis genau an. Dabei stellt er kluge und wichtige Fragen über dieses Stück Fleisch, das die ganze Welt in seinen Bann gezogen zu haben scheint.

Evan Tepest hat (noch) keinen Penis. Während seiner Transition, und auch davor, begegneten ihm jedoch mehreren Fragen: Was bedeuten Penisse für mich? Sind sie mehr als ein Stück Fleisch zwischen den Schenkeln der Männer? Welche Macht haben sie über unser gesellschaftliches System? Und ist ein Mann ohne Penis überhaupt ein Mann? 

Ungeniert und entwaffnend ehrlich schreibt er über seine Erfahrungen, Gedanken, Gefühle und sogar seine Strap-Ons – also Umschnall-Dildos. Er spricht mit Menschen mit und ohne Penis und beleuchtet die verschiedenen Facetten, die dabei aufkommen. 

Ich schrieb einer Freundin, dass ich endlich Sex mit einem Penis gehabt hätte: It wasn’t rocket science and it wasn’t life-changing.

So erfahren Leser*innen von Männern mit riesigen Penissen, wie sehr sie unter der Größe ihres Gliedes leiden, zeitgleich aber ihr Geld mit dessen Vermarktung über “Onlyfans” und diverse andere Plattformen verdienen. Einer berichtet, er wisse nicht, wer er ohne seinen Penis sei. Er würde sich direkt einer Transition unterziehen, wenn er ihn verlieren würde. Sprich: Kein Penis, kein Mann.

Sind Penisse real? Ein Essay von Evan Tepest (c) Piper Verlag

Wo sind die kleinen Penisse?

Es wirkt komisch, wenn ein Mann erzählt, wie sehr es ihm zu schaffen macht, immer auf die Größe seines Penis’ reduziert zu werden. Vor allem, wenn es sonst immer heißt: Ja, es kommt auf die Größe an. 

So ist es auch verwunderlich, dass Tepest Menschen am anderen Ende des Spektrums nicht zu Wort kommen lässt. Er spricht zwar immer wieder über seinen eigenen T-Dick, also die Vergrößerung der Klitoris nach der Einnahme von Testosteron. Menschen mit Mikropenis oder einfach unter dem allgemeinen Durchschnitt (13,12 Zentimeter), kommen aber nicht zu Wort.

Gigantische Diskussionsräume

Das macht Tepest allerdings mit den vielen Fakten und Stimmen von Expert*innen wieder wett. Dabei bleibt er sachlich und schafft es dennoch, den Essay stellenweise in interessante Storylines zu verpacken. Die Diskussionsräume, die er damit eröffnet, sind gigantisch. Denn wann spricht man schon über den Phallus, wenn es nicht um Potenz und Größe geht? 

Fragen wie „Ist dein Penis schön, und wenn ja, worin besteht seine Schönheit?“ oder „Fühlst du dich deinem Penis näher als deiner Hand oder deinem Schlüsselbein?“ zeigen, dass es dennoch möglich ist. Auch die (Ehr-)Furcht davor beschreibt Tepest treffend.

So viel man durch diesen Essay auch lernt, so sehr muss man sich bemühen, ihn weiterzulesen. Dies liegt zum einen an inkonsequent eingesetzten Anglizismen, die beinahe so wirken, als versuche der Autor auf Krampf, sich einer jüngeren Zielgruppe anzubiedern (Gen Z lässt grüßen). Zugleich liegt es aber mit großer Sicherheit daran, dass wir es nicht gewohnt sind, so viel über den Penis bzw. Phallus zu lesen und uns so intensiv mit ihm zu beschäftigen. Auf jeden Fall ist es ein augenöffnender Essay, den Evan Tepest geschrieben hat, weil er so viel Neues bringt. Allem voran die Aufforderung: Sprecht neu über Penisse.

Evan Tepest, „Sind Penisse real?“. € 20,- / 128 Seiten. Piper, München 2025.

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