Wer den Literaturnobelpreis erhält, ist jedes Jahr eines der bestgehüteten Geheimnisse der Kulturwelt. 2025 wird der Name der Laureatin*des Laureaten (ja, so werden die Preisträger*innen genannt – Erklärung dazu unten!) voraussichtlich heute, am 9. Oktober verkündet.
Doch wer überhaupt auf der Liste steht, bleibt verborgen. Denn die Schwedische Akademie in Stockholm hütet ihre Nominierungen ein halbes Jahrhundert lang. Das heißt: Erst 2075 erfahren wir, wer 2025 vorgeschlagen wurde.
Diese strenge Geheimhaltung ist Tradition – und Problem zugleich. Denn während der Nobelpreis immer noch als höchste literarische Auszeichnung gilt, wirft seine Intransparenz Fragen auf. Wer wird übersehen? Wer hat Zugang zu den entscheidenden Netzwerken? Und warum sind bislang nur 18 der 121 Preisträger*innen Frauen? Alles, was ihr zum Literaturnobelpreis 2025 wissen müsst – kurz erklärt.
Knister*Wissen: Was bedeutet Laureat*in?
Ein*e Laureat*in ist die Person, die einen Preis oder eine Auszeichnung erhält – in diesem Fall den Literaturnobelpreis. Das Wort kommt vom lateinischen laureatus, „mit Lorbeeren gekrönt“, und symbolisiert seit der Antike Ruhm, Anerkennung und herausragende Leistungen. Wer als Laureat*in ausgezeichnet wird, gilt als führend auf seinem oder ihrem Gebiet – im Fall des Literaturnobelpreises also als eine der wichtigsten Stimmen der Weltliteratur. 2025 wird der*die 122. Laureat*in gekürt.
Facts, facts, facts: 7 Dinge, die ihr wissen solltet
- Der Literaturnobelpreis wird seit 1901 verliehen.
- Er ist einer der fünf ursprünglichen Nobelpreise, die Alfred Nobel in seinem Testament festlegte (neben Physik, Chemie, Medizin und Frieden).
- Die Auszeichnung ehrt Schriftsteller*innen vereinfacht gesagt „für ihr herausragendes Werk in Literatur“, wobei die Schwedische Akademie in Stockholm die Preisträger*innen auswählt.
- Der Literaturnobelpreis 2024 ging an die Autorin Han Kang (u.a. Die Vegetarierin) aus Südkorea. Sie wurde ausgezeichnet „für ihre intensive poetische Prosa, die sich historischen Traumata stellt und die Zerbrechlichkeit des menschlichen Lebens offenlegt“.
- Der jüngste Literaturnobelpreisträger ist Rudyard Kipling. Er erhielt den Literaturnobelpreis 1907 im Alter von 41 Jahren. Kipling ist vor allem bekannt für Werke wie The Jungle Book (Das Dschungelbuch) und Kim.
- Ausreißer/Skandale: 2018 wurde die Vergabe des Literaturnobelpreises aufgrund eines Skandals innerhalb der Akademie auf 2019 verschoben. Der Grund waren Belästigungs- und Korruptionsvorwürfe.
- Der Preis ehrt nicht nur Romane/Prosa. Auch Poet*innen, Dramatiker*innen, Sachbuchautor*innen und sogar ein Singer-Songwriter (Bob Dylan) wurden bereits ausgezeichnet.
Wer war Alfred Nobel? Eine Timeline zum Nobelpreis
Alfred Nobel (1833–1896) war ein schwedischer Chemiker, Ingenieur und Erfinder, bekannt vor allem für die Erfindung des Dynamits. Er hinterließ ein großes Vermögen und bestimmte in seinem Testament, dass daraus jährlich Nobelpreise in Physik, Chemie, Medizin, Literatur und Frieden vergeben werden sollen.
Nobel wollte damit Menschen ehren, die „der Menschheit den größten Nutzen“ bringen. Sein Vermächtnis prägt bis heute Wissenschaft, Kultur und Friedensarbeit weltweit.
Was passiert wann?
- Bekanntgabe der Laureat*in: 2025 wird der Name der Laureat*in voraussichtlich am 9. Oktober verkündet – traditionell gibt die Schwedische Akademie den Preis an einem Donnerstag Anfang Oktober bekannt.
- Preisübergabe: Findet traditionell am Todestag von Alfred Nobel, dem 10. Dezember (Nobel-Tag) statt.

Wie läuft die Nominierung ab? Die wichtigsten Fragen
Nominierungen müssen der Nobel-Kommission rechtzeitig bis zum 31. Jänner gemeldet werden. Danach sichtet das Nobelkomitee die Vorschläge, erstellt im Frühjahr eine Longlist, reduziert auf ca. 20 Kandidat*innen und schließlich auf etwa fünf Prioritäten. Die endgültige Entscheidung trifft die gesamte Schwedische Akademie durch eine Abstimmung.
Wie werden Nobelpreisträger*innen über ihren Gewinn informiert? Ganz altmodisch per Telefon. Es ist aber nicht immer so einfach, die Laureat*innen zu erreichen, wie ein aktuelles Beispiel zeigt: Der Immunforscher Fred Ramsdell und Forscherin Mary E. Brunkow erfuhren erst nach einiger Verzögerung davon, dass sie Medizin-Nobelpreisträger*innen sind.
Sind die Nominierungen öffentlich? Offiziell nicht: Alle Nominierungsunterlagen werden 50 Jahre lang geheim gehalten. Die offiziellen Nominierungen für 2025 sind damit nicht öffentlich verfügbar. Manche Nominator*innen veröffentlichen ihre Benennungen selbst – das ist aber keine offizielle Liste.
Wer darf nominieren? Unter anderem Mitglieder der Schwedischen Akademie, Professor*innen für Literatur/Sprachwissenschaften, frühere Laureat*innen, Präsident*innen großer Autor*innen-Organisationen. Eine Selbstnominierung ist ausgeschlossen.

Nach welchen Kriterien wird entschieden? Die 5 Faktoren
- Literarische Qualität und Originalität
Der oder die Laureat*in muss durch herausragende literarische Leistungen auffallen. Innovation, Originalität und literarische Kraft sind zentrale Aspekte. - Werk mit nachhaltiger Wirkung
Es geht meist nicht um ein einzelnes Buch allein, sondern um ein Gesamtwerk oder eine schriftstellerische Laufbahn, die über die Zeit Wirkung zeigt. Es sollen Werke sein, die Bestand und Bedeutung über Landes- und Sprachgrenzen hinaus haben. - „In idealer Richtung“
Dieses schwer fassbare Kriterium aus Nobels Testament wird so verstanden, dass das Werk nicht nur ästhetisch hochwertig sein muss, sondern auch in gewisser Weise bildend, moralisch relevant oder das menschliche Leben, Ideale oder universelle Werte in Betracht zieht. - Nicht-posthum (seit Reform)
Der Preis darf nicht posthum – also nach dem Tod des*der Nominierten – verliehen werden, es sei denn die Person ist nach der Bekanntgabe verstorben. Vor 1974 gab es Ausnahmen. - Keine Doppelvergabe
Eine Person kann den Preis in Literatur nur einmal erhalten.
Und sonst so?
Was ist der Literaturnobelpreis wert? Die Auszeichnung umfasst eine Goldmedaille, eine Urkunde und derzeit 11 Millionen Schwedische Kronen (etwa 950.000 €). Diese Summe kann bei mehreren Laureat*innen aufgeteilt werden.
Wer sind die Favorit*innen? Wie der Südwestrundfunk (SWR) berichtet, zählen einige Schriftsteller*innen seit Jahren zu Literaturnobelpreis-Favorit*innen. Darunter befindet sich zum Beispiel die kanadische Autorin Margaret Atwood (The Handmaid’s Tale), der japanische Autor Haruki Murakami (Kafka am Strand) sowie der indisch-britische Autor Salman Rushdie (Midnight’s Children).
It’s a Man’s game – bisher gab es nur 18 Preisträgerinnen.
Bis 2024 wurden 18 Frauen mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet (von insgesamt 121 Laureat*innen) — das sind rund 15 Prozent. Zu den Nobelpreisträger*innen zählen zum Beispiel die Autor*innen Selma Lagerlöf, Gabriela Mistral, Toni Morrison, Svetlana Alexijewitsch, Olga Tokarczuk oder Han Kang.
