Ein verfluchter Kapitän, ein Geisterschiff, eine untote Crew und actionreiche Musik. Nein, nicht Hollywood – das ist Richard Wagners Piratenoper!
Story Time! Ihr lebt im 17. Jahrhundert und seid gerade auf einem Schiff am Meer unterwegs. Bei Nacht seht ihr ein schwarzes Schiff mit roten Segeln. Das Geisterschiff schlechthin mit einer Crew aus Toten oder Verfluchten und einem Kapitän, der seine Seele an den Teufel verloren hat. Mal schwebt es in der Luft, mal taucht es auf dem Meer auf. Es segelt ohne Wind und auch bei Sturm: Ein schlechtes Omen, das Untergang, Unglück und Tod vorhersagt. Klingt nach der Filmreihe „Fluch der Karibik„? Absolut. Eigentlich reden wir aber von Richard Wagners Oper „Der fliegende Holländer„!
1839 erlebte der Komponist Richard Wagner die wohl prägendste Schifffahrt seines Lebens. Seine Reise von Riga nach London dauerte aufgrund von schlechtem Wetter rund vier Wochen und oft waren die Unwetter so stark, dass das Schiff kurz vor einer Seenot stand. Nach dieser Fahrt schrieb Wagner die Oper Der Fliegende Holländer. 1843 wurde sie uraufgeführt und hat einfach nicht überzeugen können, die Oper wurde nach vier Vorstellungen abgesetzt. 1860 hat Wagner dann die Ouvertüre und das Ende überarbeitet. Seitdem ist Der Fliegende Holländer wohl eine der bedeutsamsten Opern Richard Wagners, denn sie prägte seinen musikalischen Stil nachhaltig.
* Die Geschichte des Fliegenden Holländers
Die Handlung der Oper basiert eigentlich auf einer Sage. Ein Kapitän im 17. Jahrhundert schwört beim Versuch das Kap der Guten Hoffnung zu umschiffen bis zum Tag des jüngsten Gerichts zu segeln, wenn es nötig ist. Der Teufel erhört seinen Schwur natürlich und schon ist der Kapitän dazu verflucht bis zum Ende der Welt mit seinem Gespensterschiff auf dem Meer herumzuirren. Die Geschichte wurde irgendwann ergänzt: nun durfte der Kapitän alle sieben Jahre an Land und konnte auf Erlösung hoffen. Dafür muss er nur eine Frau finden, die ihn aufrichtig und treu liebt.
Die Geschichte des Fliegenden Holländers ist übrigens nicht ganz aus der Luft gegriffen. Damals führten Pest, Skorbut und andere Seuchen dazu, dass auf vielen Schiffen die gesamte Besatzung an Bord starb. Diese Phantomschiffe ohne Crew sind dann, von Wind und Meeresströmungen geleitet, auf unbestimmte Zeit durch das Meer gefahren. Diesen Schiffen zu begegnen sorgte bei anderen Seefahrern verständlicherweise zu Vorsicht und Angst, da sie sich nicht anstecken wollten. So zählte man in einem Bericht von 1869 um die 214 Schiffe, die verlassen auf See herumtrieben.
Phantomschiffe können aber (auch heute noch) eine verzerrte Abbildung eines realen Schiffs sein, die durch eine Luftspiegelung entstehen. Diese Spiegelungen treten nach wie vor besonders an Stellen auf, wo kalte und warme Meeresströmungen zusammentreffen. So ist das Kap der Guten Hoffnung ein sehr passender Ort für dieses Phänomen: Hier treffen sich offiziell der atlantische und Indische Ozean. Außerdem erstreckt sich an der Küste eine gefährliche Felsenlandschaft, die sich teils 50 Zentimeter bis drei Meter Wasser befindet. Kombiniert mit den starken Winden am Kap wurde dieser Ort schon mindestens 23 Schiffen zum Verhängnis, die nun am Meeresgrund liegen.
* Fluch der Karibik vs. Richard Wagner
Das Erste, was vielen einfällt, wenn man sich die Handlung der Oper durchliest, sind die Filme „Pirates of the Caribbean“, auf Deutsch „Fluch der Karibik“. Der US-amerikanische Piratenfilm startete 2003 mit „The Curse of the Black Pearl“ und markierte den Beginn der inzwischen fünfteiligen Filmreihe.
Während Wagners verfluchter Kapitän voller Frust, Schicksalsergebenheit und Verzweiflung ziellos im Meer herumtreibt, sehen die Aussichten in Hollywood etwas besser aus. Der verfluchte Kapitän Davy Jones ergriff Eigeninitiative: Nachdem seine Geliebte, die Meeresgöttin Calypso, ihm nicht die Treue gehalten hat, schnitt er sich das Herz aus der Brust und verriet seine Geliebte, indem er den anderen Piraten zeigte wie Calypso gefangen werden konnte. Passenderweise starb Davy Jones, nachdem Calypso befreit wurde. Davy Jones zeigte Reue und Calypso beteuerte ihm ihre Liebe – dieses „Happy End“ sorgte letztlich für Erlösung des verfluchten Kapitäns.
* Richard Wagner, der Piratenmusiker
Richard Wagner schrieb mit seiner Ouvertüre zum Fliegenden Holländer wohl die Vorlage für sämtliche Piratenfilm-Soundtracks. Die Musik erinnert an das unzähmbare Meer, an Abenteuer, Drama und, einfach ausgedrückt, an Action. Da passiert was, es ist unheilvoll. Wagner hat in dieser Ouvertüre die gesamte Geschichte des verfluchten Kapitäns, inklusive dessen Erlösung am Ende vertont. In diesen knapp über zehn Minuten ist ein ganzer Piratenfilm zusammengefasst – aber überzeugt euch selbst!
* Who lives in a Pineapple under the Sea?
Halt, Stopp: Da gab es ja noch so ein paar Folgen aus unserem liebsten Unterwasser-Dorf Bikini Bottom. Hier hat der Fliegende Holländer nämlich oft versucht, Spongebob Schwammkopf zu erschrecken. Die Verbindung zu Wagner dürfte jetzt umso unübersehbar sein – auch wenn der Komponist wahrscheinlich nicht ganz so erfreut wäre über diese Verbindung.